Die Verbindung verlangt eine Mutprobe

Seit 100 Jahren gibt es die Kantonsschulverbindung Munot. Die SN sprachen mit Carl J. Koch, Präsident des Altherrenverbandes, über Vergangenheit und Zukunft der abstinenten Gemeinschaft.

Schaffhauser Nachrichten, Region
Robin Blanck

SN: Die Verbindung Munot wird 100 Jahre alt; Sie sind Präsident des Altherrenverbandes, also der ehemaligen Mitglieder. Wie geht es der Verbindung heute?
Carl J. Koch: Wir sind gerüstet für die nächsten 100 Jahre: Wir haben unser Rebhäuschen renoviert, einen neuen Weidling angeschafft, eine Verbindungsgeschichte geschrieben und neue Cantus-Prügel, unsere Gesangsbüchlein, gekauft. Sehr aktiv ist unser Altherrenverband, vor allem die Wandergruppe trifft sich regelmässig zu Ausflügen. Gemeinsame Aktivitäten organisiert auch der Altherrenvorstand. Und wenn es neue Fuxen, also Neumitglieder, gibt, werden die Traditionen an diese weitergereicht.

Aktivmitglieder, also Kantonsschüler, hat die Verbindung momentan keine?
Das ist richtig, aber das kann sich jeden Moment wieder ändern: Wenn etwa ein Kantonsschüler Interesse bekundet, kommen meist weitere hinzu, und das Verbindungsleben flackert wieder auf.

Was hat sich denn in den 100 Jahren des Bestehens verändert, was ist geblieben?
Früher war das Tragen eines Anzugs für Munötler Pflicht, aber das war zur Gründungszeit auch für Arbeiter normal. Das hat sich geändert. Früher war die Verbindung auch eher elitär: Meist besuchten nur Kinder reicher Familien die Kanti, heute ist das anders.

Was ist denn geblieben?
Die Traditionen: einmal die reglementierten Abläufe der Treffen, dann auch die Einteilung in Burschen – die älteren Schüler, die für die Organisation zuständig sind – und Fuxen. Die Fuxen müssen auch heute noch den Burschen gehorchen und Lieder lernen. Aber auch der Knigge wird geprüft. Und: Die Burschen müssen versprechen, während ihrer zweijährigen Aktivzeit keinen Alkohol zu trinken. Für viele junge Männer ist das eine grosse Prüfung, denn sie müssen nein sagen und damit anders sein. Wer das schafft, hat diese Fähigkeit vielleicht später auch im Berufsleben.

Diese Abstinenz – wichtiger Bestandteil seit der Gründung der Munotia – ist in einer Situation entstanden, als vor allem ärmere Schichten vom Alkoholismus stark betroffen waren. Ist das heute noch zeitgemäss?
Wenn man die heutigen Auswüchse betrunkener Jugendlicher betrachtet, muss man feststellen, dass sich die Situation kaum verändert hat. Da schadet es nichts, wenn junge Männer sehen, dass es für zwei Jahre auch ohne Alkohol geht. Die meisten unserer Altherren sind übrigens nicht abstinent.

Mit bald 150 Jahren älteste Schaffhauser Verbindung ist die Scaphusia, die dem Alkohol – im Gegensatz zur Munotia – nicht abgeneigt ist. Wie ist heute das Verhältnis dieser beiden Verbindungen zueinander?
Die Munotia wurde ja als Protestbewegung zur Scaphusia gegründet – betrachtet man das Rot der Munötler, so ist das eigentlich die Komplementärfarbe zum Blau der Scaphusia. Aber trotzdem mag man sich bei allen Sticheleien natürlich sehr gern. Weil wir ja jetzt gerade keine Aktiven haben, sind auch die Scapher etwas traurig, weil sie niemanden zum Sticheln haben …

Hat man sich denn je überlegt, die Abstinenz aus den Statuten zu streichen, um mehr Leute anzuziehen? Das Problem ist nicht die Abstinenz, sondern der Umstand, dass die Verbindung eine Art Mutprobe verlangt. Aber wenn plötzlich alles erlaubt wird, dann verliert die Verbindung ihre Eigenart. Viele Leute, die in der Verbindung waren, sind besondere Charaktere, vielleicht gerade weil sie es geschafft haben, zwei Jahre gegen den Strom zu schwimmen. Wir gehen lieber unter, als dass wir zu einem Jeder-kann-mitmachen-Verein mutieren.

Was passiert eigentlich, wenn ein Munötler beim Trinken erwischt wird?
In den Statuten ist das nicht geregelt. Ich persönlich interpretiere das so, dass die Mitglieder diese Angelegenheit untereinander gütlich beilegen sollten. Dennoch hat das immer wieder zu Auseinandersetzungen geführt, welche die Gruppe geteilt haben. Die Achillesferse der Munötler ist der Umgang mit der menschlichen Schwäche und nicht die Abstinenz.

Sind Frauen bei der Munotia schon zugelassen?
Nein, auch wenn man sich Gedanken über eine gemischte Verbindung gemacht hat. Der heutige Vorstand will das nicht: Gerade während der Kantizeit ist das Interesse der jungen Männer am anderen Geschlecht gross. Wären auch Frauen in der Verbindung, würden sich dadurch unter Garantie amouröse Verstrickungen und Streitereien innerhalb der Gruppe ergeben.

… aber Frauen sind als «Besen» ja durchaus an gewissen Aktivitäten beteiligt …
Ja schon, aber sie sind mehr oder weniger immer noch «extern». Ich persönlich bin der Meinung, dass es möglich wäre, den Vorstand davon zu überzeugen, die vorhandene Infrastruktur auch einer weiblichen Gruppierung zur Verfügung zu stellen, sofern diese die Werte der Munotia hochhalten würde und auch ausreichend gross wäre.

Wie geht es mit der Munotia weiter?
Der jüngste Altherr hat die Kantonsschule letztes Jahr abgeschlossen, und ich gehe davon aus, dass wir Altherren in naher Zukunft von neugierigen Kantischülern kontaktiert werden und bald wieder eine neue Generation von Munötlern das Leben an der Kanti bereichert.

Das Buch zum Jubiläum Schaffhausen im Spiegel der Studentenverbindung

Keine langfädige Vereinschronik, sondern ein munteres Werk hat sich die Verbindung Munot zum 100. Geburtstag geschenkt. Autor Michael Bührer gelingt es, die Geschichte der Verbindung mit leichter Feder zu erzählen. Nachdenkliches mischt sich mühelos mit lustigen Anekdoten, und fast nebenbei entsteht so eine kleine Schaffhauser Kulturgeschichte, die nicht nur für «Munötler» sehr aufschlussreich ist.

Gründung

Die Kantonsschulverbindung Munot kann als Spross der Abstinenzbewegung verstanden werden. Die Abneigung gegenüber dem Alkohol allein hätte vermutlich aber noch nicht zur Vereinsgründung gereicht, vielmehr war es die Liebe, die Kantonsschüler Fritz Rippmann v/o Storch beflügelte. Dieser hatte sich nämlich während eines Kuraufenthaltes im Tessin in eine junge Abstinenzlerin verliebt.

Rivalität

50 Jahre vor der Verbindung Munot, nämlich 1858, war bereits die dem Tranke eher zugeneigte Scaphusia gegründet worden. Diese begegnete der neuen Konkurrenz misstrauisch und zuweilen gar mit Hohn und Spott. «Ohne zu wollen», schrieb Fritz Rippmann, «wurden wir immer mehr in eine Kampfstellung hineinmanövriert und mussten für unsere Überzeugung einen Kampf führen». Erst viele Jahre später wurde das Verhältnis zwischen den Studentenverbindungen freundlicher.

Vereinsleben

Sehr bunt wird im «Munot»-Buch das Vereinsleben geschildert. Neben den regelmässigen Treffen in der «Bude», den intellektuellen Auseinandersetzungen, der Organisation von kulturellen Anlässen und den Ausflügen mit den Freundinnen («Besenbummel») liest man auch von zahlreichen mehr oder weniger harmlosen Streichen – mit zum Teil prominenter Beteiligung. Berühmt-berüchtigt waren auch die lauthals vorgetragenen «Ständchen», die manch entnervten Vater einer Angebeteten zum Wassereimer oder Blumentopf greifen liessen.

Das Buch

Auf 107 Seiten hat Germanistikstudent Michael Bührer v/o Pol die bewegte Geschichte der Verbindung Munot zusammengefasst. Das Buch ist reich illustriert; mit Altherren-Präsident Carl-Jürg Koch v/o Freak war ein Spezialist für Layout und Aufarbeitung der Fotos verantwortlich. «Hundert Jahre Verbindung Munot» kann übers Internet für 30 Dollar bestellt werden, und zwar bei www.lulu.com. (sst)

Jubiläumsstiftung soll Leistungswillen belohnen

Der beste Abschluss eines jeden Jahrganges wird künftig mit 1000 Franken honoriert.
«Wie zeigt man seine Dankbarkeit dafür, dass wir 100 Jahre an der Kantonsschule geduldet waren?», fragte Richard Ronner, früherer Altherrenpräsident der Kantonsschulverbindung Munot. Und natürlich hatte er eine Antwort auf diese Frage: Aus einer anlässlich des Jubiläums neugeschaffenen Stiftung soll künftig jeweils der beste Maturand oder die beste Maturandin eines Jahrganges 1000 Franken erhalten. Ziel sei es, den Leistungswillen auszuzeichnen: «Es sind die Leistungen einzelner, welche die Gesellschaft weiterbringen», sagte Ronner und verwies auf die bekannten Schaffhauser Pioniere Heinrich Moser und J. C. Fischer, welche sich um ihre Heimatstadt verdient gemacht haben. Und: Wer den Preis erhalten hat, darf auch zinslose Studiendarlehen bei der Stiftung beantragen. Diese Möglichkeit steht ebenso den Mitgliedern der Munotia offen, und auch die beste Matur eines Mitgliedes wird ausgezeichnet.
Feierlich überreicht – und zwar begleitet vom Applaus der zahlreich erschienenen Kantonsschüler – wurde die Stiftung gestern morgen im Beisein von über 20 Altherren in der Kantonsschulmensa. (rob)